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Wer bin ich, ohne - Weihnachten als Gelegenheit existenzieller Diversifizierung

Eine kleine Meditation über Entwicklung statt Klischee

Es gibt Zeiten, die sind anders. Die dicht gedrängten, übervollen Tage samt den zu kurzen, manchmal schlaflos-langen Nächten, funktionieren nicht. Das Übliche kommt für kurze Zeit zum Erliegen. Unklar, was schwerer wiegt: Erleichterung über die Entspannung - oder das Zurückzucken vor dem, was dann ist. Geben wir es uns zu:

Der tägliche Marathon fordert massiv und hart. Und er ist Geschenk, das uns Bedeutung gibt. Und Freiheit von. Die zeitgenössischen Versionen des Hofzeremoniells entlasten, wie sie belasten. Getaktet und fokussiert. Ahh, wie herrlich, wenn es klar ist. Keine Zeit, für nahezu nichts. Nachdenken entlang der roten Linie. Pause nur im Fall der Erschöpfung, die abschalten muss. Wehe, wenn das Korsett sich löst. Wehe, wenn dann nicht sofort die üblichen Mittel eingesetzt werden. Was füllt die Lücke, wo bleibt die Bedeutung, was richtet auf - und zu welcher Größe?

Wem Weihnachten nicht eigentlich etwas zu sagen vermag, der lasse sich vielleicht inspirieren von der sanfteren Gelegenheit, die uns wo möglich auch deshalb geboten wird, um nicht bis zu Krankheit, Unfall, Freistellung, Ruhestand etc. warten zu müssen. Denn Weihnachten kann zeigen, was es bedeuten könnte, nackt in der Krippe zu liegen. Ein Zustand, den wir in der Regel tunlichst vermeiden. Nachvollziehbarer Weise vermeiden durch dichteste Aktivität und berufliches Wichtigsein. Vermeiden durch die üblichen Abschalt-Mittel, die nicht aufgezählt zu werden brauchen. Glühweinumtrunk, mit oder ohne Champagner, bietet eben nur mehr vom Bekannten. Weihnachtsmärkte belassen es eben beim Üblichen: austauschbaren Zielen folgend, gedrängt in engen Slots, die Hintergrundmusik aus der Konserve, umgeben von Schulter- und Sprücheklopfen. Selbst gut gemeinte Sentimentalität und gemütliches Angetrunkensein bringen nicht wirklich weiter. Denn hinterher beginnt alles wieder von vorn. Das Neue Jahr - unternehmerisch wissen wir um die Gefährlichkeit solcher eingefahrenen Gleise. Allerdings werden die mittel- und langfristigen Folgen vielleicht noch immer unterschätzt - in diesem Falle auch für die Organisation unseres Körpers und unserer Seele.

Vergessen wir also das eingeübte Klischee. Weihnachten ist Chance für substanzielle und existenzielle Diversifizierung! Lassen wir uns von Heinrich BLÜCHER anregen: Weihnachten erzählt, vielleicht zum allerersten Mal in der Geschichte, die Geburt eines Nichts - eines nackten Säuglings im Elend und ohne gesellschaftliches Ansehen. Wer die Geschichte der Geburt eines nackten Säuglings im Elend erzählt, redet vom Wert des Menschen - wenn nur er selbst übrig bleibt. Das Kind im stinkenden Stall ein Symbol für den Menschen, der nichts als sich selbst ist. Wie wundersam, wenn die Geburt eines Menschen, wenn die bedeutsamste Tatsache der menschlichen Welt unter den denkbar unbedeutendsten Umständen stattfindet. Denn, um es noch einmal zu wiederholen, dieser kleine neue Mensch wird nicht in prächtigen Kleidern geboren, umgeben von Hofstaat und Palast. Und dennoch gefunden und erkannt.

Wie wäre das, wenn es - um uns, in uns - Hirten und Weise gäbe, die uns erkennen liessen, wie bedeutsam und gut-genug wir sind, auch wenn wir das Zepter nicht (so fest) in der Hand halten. Wer das mindestens einmal im Jahr übt, wird mehr und anders sehen lernen. Mitarbeitende und Kunden, Körper wie Seele, werden es merken.

Vertiefen wir das - damit der Kleine, damit das wirklich Neue nicht verhungert und erfriert.